"Ich" oder "wir"?

An alles gedacht?

"Ich" oder "wir"?

Der letzte Wille: Bestimmte Formulierungen sind entscheidend dafür, wann ein gemeinschaftlich verfasstes Testament ganz eröffnet wird.

Testamente bleiben zu Lebzeiten geheim: Nicht einmal Angehörige dürfen vor dem Tod Einsicht nehmen. Foto: Christin Klose/dpa-mag

14.07.2025

Vor dem Tod hat niemand Anspruch darauf, zu erfahren, welche Testamente eine Person errichtet hat. Erst nach dem Tod werden diese eröffnet und den gesetzlichen Erben sowie den Bedachten bekanntgegeben. Mit der Geheimhaltung geht es sogar so weit, dass bei einem gemeinschaftlich errichteten Testament beim Tod eines Ehegatten nur dessen Verfügungen eröffnet werden. Die Verfügungen des hinterbliebenen Ehepartners müssen zunächst geschwärzt werden und dürfen erst bekanntgegeben werden, wenn auch dieser stirbt. Doch nicht immer ist diese Grundregel bei gemeinschaftlich errichteten Testamenten einzuhalten. 

Lassen sich die Verfügungen nicht eindeutig trennen ist das Nachlassgericht dazu befugt, das gesamte Testament zu eröffnen. Das zeigt ein Beschluss des Oberlandesgerichts Zweibrücken (Az. 8 W 13/24) auf das die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins hinweist. In dem konkreten Fall hatte ein Witwer nach dem Tod seiner Frau beim Nachlassgericht beantragt, das Testament nur teilweise, nämlich ohne die gemeinsame Verfügung der Eheleute, zu eröffnen und bekannt zu geben. Das Nachlassgericht kam diesem Wunsch aber nicht nach und kündigte an, das gemeinschaftliche Testament der Eheleute vollständig bekanntzumachen. Zu Recht, wie das Gericht befand. Das Testament der Eheleute war nicht nur in der Wir-Form verfasst, es enthielt auch Verfügungen, die mit Formulierungen wie „der Überlebende von uns“ eingeleitet wurden. Weil solche Ausdrücke explizit aussagen, dass sie auch vom Erstverstorbenen mitgetragen wurden, sind die Verfügungen unteilbar miteinander verbunden, das Testament muss insgesamt bekanntgegeben werden. dpa


Testament zerrissen?

Urteil: Wenn es vom Erblasser zerstört wurde, ist es wirksam widerrufen, auch wenn es noch lesbar ist.

Was möchte jemand damit ausdrücken, wenn er sein eigenes Testament zerreißt? Das Gesetz sieht darin ganz klar eine Widerrufshandlung, der Testierende möchte offenbar nicht mehr, dass die auf dem Dokument getroffenen Verfügungen weiterhin Bewandtnis haben. An dieser Annahme ändert auch nichts, wenn ein zerrissener letzter Wille nicht achtlos irgendwo abgelegt oder entsorgt, sondern fein säuberlich in einem Schließfach aufgehoben wird. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Az. 21 W 26/25) jüngst entschieden. In dem konkreten Fall hatten die Erben eines Mannes beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragt und diesen auch erhalten. Erst zwei Monate später öffneten diese ein Schließfach des Verstorbenen und entdeckten darin ein Testament, das in der Mitte durchgerissen war. 

Dieses Schriftstück begünstigte eine weitere Person, die sich nach Bekanntwerden dafür stark machte, bisher ausgestellte Erbscheine aufgrund der neuen Erkenntnisse einzuziehen - jedoch ohne Erfolg. Das OLG stützte die Einschätzung des Nachlassgerichts, dass die Erbscheine nicht ungültig geworden sind. Sein Testament hatte der Mann vor seinem Tod durch schlüssiges Handeln - eben jenes Zerreißen des Dokuments - eindeutig widerrufen. Das Testament war nach Ansicht des Gerichts auch nicht durch äußere Einflüsse anderweitig in zwei Teile geraten. Weil nur der Verstorbene selbst Zugang zu dem Schließfach gehabt habe, sei auch nicht davon auszugehen, dass jemand anders das Papier durchtrennt hat. 

Zwar sei nicht nachvollziehbar, warum der Verstorbene das zerrissene Testament im Schließfach aufbewahrte. Allein die Art der Aufbewahrung genüge aber nicht zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung, dass der Testierende das Dokument tatsächlich zerstören und widerrufen wollte. dpa

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